Ziele und Aufgaben
1946. Österreich befand sich fest im Griff der Besatzungsmächte Amerika, Großbritannien, Frankreich und vor allem der Sowjetunion. Österreich war ein unfreies Land. Der Franziskaner P. Petrus Pavlicek machte eine Wallfahrt nach Mariazell (zur großen Schutzfrau Österreichs). Er bittet auch für seine besetzte, unfreie Heimat. Da erhält er die Eingebung: „Tut, was ich euch sage, und ihr werdet Frieden haben.“
Es war P. Petrus klar, dass dies Worte der Gottesmutter in Fatima waren, die allerdings auf die Kanaperikope (Joh 2,5) hinweisen. So gründet er am 2. Februar 1947 eine Gebetsgemeinschaft, die im Geist der Botschaft von Fatima um die Bekehrung der Menschen zu Gott, aber auch um den Frieden und besonders die Freiheit Österreichs beten sollte. Das Gebet Tausender, 1955 waren es Fünfhunderttausend, trug wesentlich dazu bei, dass Österreich am 15. Mai 1955 einen Staatsvertrag und damit die Freiheit erhielt.
Ein Ziel der Gebetsgemeinschaft war erreicht, sollte dies auch das Ende des RSK bedeuten? Doch Gott wollte es anders. Der Bischof von Fatima, Joao Pereira Venancio, ermutigte P. Petrus: „Was Sie für Österreich getan haben, das tun Sie nun für die Welt.“ So wirkt der RSK weiter.
Da der Name der Gebetsgemeinschaft zu Missverständnissen führen kann, wurde er mit „Gebetsgemeinschaft für Kirche und Welt“ ergänzt. Durch ein Dekret vom 1. Oktober 2014 übernahmen Kardinal Christoph Schönborn und Erzbischof Franz Lackner die Patronanz über die Gebetsgemeinschaft mit einem neuen Statut vom 2. Februar 2015.
Geistliche Zielsetzungen des RSK
Der RSK ist bestrebt, die Botschaft von Fatima zu verwirklichen. Dazu ist eine Vorüberlegung zur Bedeutung von Privatoffenbarungen nötig. In dem Dokument der Glaubenskongregation, das anlässlich der Veröffentlichung des sogenannten Dritten Geheimnis von Fatima erschien, weist Kardinal Joseph Ratzinger (Papst em. Benedikt XVI.) darauf hin, dass wir die biblische Grundlage für von der Kirche anerkannte Privatoffenbarungen im 1. Thessalonicherbrief finden: „Löscht den Geist nicht aus! Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles, und behaltet das Gute!“ (5,19-21). Diese Worte dürfen wir auch auf die Botschaft von Fatima anwenden.
Ergänzend darf hier noch der bedeutende Theologe Karl Rahner zitiert werden: „Privatoffenbarungen sind in ihrem Wesen ein Imperativ, wie in einer bestimmten geschichtlichen Situation von der Christenheit gehandelt werden soll; sie sind wesentlich keine neue Behauptung, sondern ein neuer Befehl.“ In dem Dokument der Glaubenskongregation heißt es auch: „Fatima ist unter den modernen Erscheinungen zweifellos die prophetischste“ (Tarcisio Bertone).
In vier Punkten sollen nun die Ziele des RSK dargelegt werden.
- Neuevangelisierung
„Die Menschen sollen aufhören, Gott zu beleidigen, der schon zu viel beleidigt wurde.“ Das ist der Kern der Botschaft von Fatima. Wodurch wird Gott beleidigt? Der Prophet Jeremia sagt es: „Dies ist das Volk, das nicht auf die Stimme des Herrn, seines Gottes, hörte und sich nicht erziehen ließ“ (7,28). Im RSK bemühen wir uns, zum besseren Verständnis von Gottes Wort beizutragen und so einen Beitrag zur Neuevangelisierung zu leisten. Desinteresse am Wort Gottes ist Beleidigung Gottes!
- Marienverehrung
Die von der Kirche anerkannten Marienerscheinungen, so auch Fatima, sind eine Einladung zur Pflege und Vertiefung der Verehrung der Mutter unseres Herrn Jesus Christus. Dieser Einladung folgt der RSK; indem er a) auf eine solide biblische Begründung der Marienverehrung bedacht ist. Dazu bestärkt ihn auch das Wort von K. Stock: „Die Aussagen, die wir im Neuen Testament über Maria finden, sind so reich und tief, dass wir sie nie ausschöpfen können!“ b) die kirchlichen Dokumente zur Marienverehrung in seine Arbeit einbezieht. c) den Rosenkranz als „Jesusgebet des Westens“ fördert unter Beachtung der Weisung der Päpste Paul VI. und Johannes Paul II: „Der Rosenkranz ohne Betrachtung ist ein Körper ohne Seele.“ d) zur Weihe an die Gottesmutter und zur Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens anregt. e) Marienfeiern in Wien, Einsiedeln, München und Essen, sowie monatliche Sühneandachten (Wien) veranstaltet. Die Aktualität der Marienverehrung fasst Papst Franziskus in dem Wort zusammen: „Maria ist der Stern der Neuevangelisierung.“
- Sühne - Stellvertretung
a) „Die Menschen sollen aufhören, Gott zu beleidigen.“ Der Gedanke der Sühne gehört zum Kern der Botschaft von Fatima. Der Christ soll durch Gebet und ein Leben nach dem Vorbild Christi und seiner Lehre stellvertretend für andere eintreten. Die vollendete Sühne der leiblich-geistigen Hingabe konnte nur Jesus, der menschgewordene Gottessohn, am Kreuz leisten. Es war die religiöse Urtat der stellvertretenden Sühne für alle Menschen, die „Sühne für unsere Sünden“ (1 Joh 4,10). „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht“ (Phil 2,5). Zur Gesinnung Jesu gehört zweifellos die Sorge um das verlorene Schaf (vgl. Lk 15,3-7). Sollen sich die Christen daher nicht auch um das „verlorene Schaf“ kümmern, für es in Vereinigung mit Jesus beten und wirken? Paulus drückt dieses Miteinander-Wirken aus, wenn er schreibt: „Mehr als sie alle habe ich mich abgemüht – nicht ich, sondern die Gnade Gottes zusammen mit mir“ (1 Kor 15,10). Dies dürfen wir auch auf alle unsere Sühne anwenden: Es ist immer die Sühne Jesu, die mich zur Sühne befähigt.
b) Zu diesen theologischen Überlegungen kommt das Vorbild der Heiligen. Greifen wir drei Beispiele heraus: Den heiligen Johannes M. Vianney, den Pfarrer von Ars. Durch sein Gebet und Leben hat er eine religiös verwahrloste Pfarre erneuert. Die Kinder von Fatima, die aufgrund der Erscheinungen ein heldenhaftes Leben für die „Rettung der Sünder“ führten. Und schließlich den heiligen Papst Johannes Paul II., der in einer Ansprache an Kranke sagte: „Durch Leiden wirkt ihr mit an der Erlösung“ – als mit Jesus, den für uns Leidenden, Verbundene.
c) „Unsere stellvertretende Sühne ist gleichsam von Ewigkeit in die einmalige Sühne Christi eingerechnet und schöpft von ihr her eine wirkliche und wirksame Kraft, die den anderen zum Heil wird.“ Stellvertretende Sühne geschieht vor allem durch die gläubige Mitfeier der heiligen Eucharistie, durch Gebet (Rosenkranz, Stundengebet und andere Gebetsformen), die gute Erfüllung der täglichen Pflichten, sowie das Ertragen von Leid in all seinen Formen.
- Einsatz für den Frieden
Die Fatimabotschaft hat auch eine politische Dimension: So wurde sowohl die Machtübernahme des atheistischen Kommunismus in Russland, als auch dessen Zusammenbruch vorausgesagt; ebenso die Christenverfolgung des 20. Jahrhunderts im sogenannten Dritten Geheimnis. Bei allen sechs Erscheinungen forderte Maria die Kinder auf, den Rosenkranz zu beten, um den Frieden (1. Weltkrieg!) zu erlangen. Das Gebet um Überwindung der „Strukturen des Bösen“ ist ganz im Sinn der Bibel: „Vor allem fordere ich zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf, und zwar für alle Menschen, für die Herrscher und für alle, die Macht ausüben, damit wir in aller Frömmigkeit und Rechtschaffenheit ungestört und ruhig leben können“ (1 Tim 2,1f). Diesen Aufruf griff der RSK auf und so wurde zur Befreiung Österreichs (Staatsvertrag 1955) sowie zum Fall des atheistischen Kommunismus (Berliner Mauer) beigetragen. Zum Gebet für den Frieden sollen Interesse an und nach Möglichkeit auch Einsatz für eine gerechte politische Entwicklung treten: „Politische Verantwortung möge als eine besondere Weise der Nächstenliebe erkannt und geübt werden“ (Gebetsmeinung des Papstes, Juli 2015).
Im Sinne der Botschaft von Fatima zu wirken, ermutigt auch Papst Franziskus, der sein Pontifikat der Fürsprache der Gottesmutter, die in Fatima zur Welt gesprochen hat, anvertraute.
Die geschichtliche Situation ist dramatisch:
- Gefahr eines Dritten Weltkrieges (Ukraine, Naher Osten, koreanische Halbinsel, etc.)
- Notwendigkeit einer neuen Finanzordnung
- Klimawandel mit seinen Konsequenzen (Flüchtlingsströme aus den vor allem betroffenen Gebieten)
- Notwendigkeit einer friedlichen Auseinandersetzung mit dem Islam
- Inflation
- Energieknappheit
- Sinnkrise
- Wirtschaftskrise/Arbeitslosigkeit
- Gesundheits- und Pflegesystem
- Soziale Ungleichheit und die wachsende ungerechte Verteilung von Wohlstand
- Sinkende Geburtenraten und die Notwendigkeit von Zuwanderung und der Auseinandersetzung mit neuen Kulturen
Probleme, die allein mit menschlichen Anstrengungen nicht zu bewältigen sind: „Nur ein Gott kann uns retten“ (Heidegger).
Freilich muss zur Hilfe Gottes auch die Mobilisierung höchster sittlicher und intelligenter Kräfte der Menschen kommen.
Dazu will der RSK einen Beitrag leisten.
P. Benno Mikocki OFM