500 Kinder auf den Spuren Fatimas
500 Kinder haben sich am Samstag in der Wiener Innenstadt auf die Spuren der Marienerscheinungen von Fatima vor 100 Jahren begeben. Beim Stadtgeländespiel "Was damals wirklich geschah" seien die Erlebnisse der drei Hirtenkinder Jacinta, Francesco und Lucia – die ersten beiden wurden heuer von Papst Franziskus heiliggesprochen – auf spielerische Weise vermittelt worden, teilte die Servicestelle "Junge Kirche" der Erzdiözese Wien mit. Auch Bezirksvorsteher Markus Figl und Kardinal Christoph Schönborn beteiligten sich.
Bestandteile des Tages waren u.a. ein Stationenbetrieb, eine Prozession sowie ein Flashmob auf dem Stephansplatz mit einem gemeinsamen Gebet, das vom Läuten der Domglocken und einem Banner vom Dach der Kathedrale begleitet wurde. Simon Schmidbauer von der "Jungen Kirche" sprach von einem "deutlichen und sichtbaren Zeichen einer jungen, lebendigen Kirche" und von dem "gemeinsamen Anliegen, für den Frieden zu beten".
Auf drei zentrale Botschaften des sogenannten "Fatima-Gebets" wies Kardinal Christoph Schönborn bei der abschließenden Andacht im Stephansdom hin. Das kurze Gebet, das laut der Überlieferung von der Gottesmutter Maria 1917 in Fatima gelehrt worden ist und auch beim Rosenkranz gebetet wird, bringe das Vertrauen zu Gott zum Ausdruck und umfasse auch die Fürbitte für das eigene Leben und das der gesamten Menschheit, erklärte der Erzbischof den Teilnehmern.
"O mein Jesus, verzeih uns unsere Sünden! Bewahre uns vor dem Feuer der Hölle! Führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen", lautet der volle Gebetstext. Aufgezeigt werde damit, dass man "immer zu Jesus kommen, ihn immer auch um Verzeihung bitten kann", deutete der Kardinal das Gebet. Die Höllen-Bitte übersetzte er den Kindern als "Bewahre uns davor, dass unser Leben danebengeht" – wie auch vor einer Trennung von Gott, ohne den das Leben nicht gelingen könne. Die dritte enthaltene Botschaft ermutige dazu, für alle Menschen zu beten. Niemand solle verloren gehen, so Schönborn.
Scheuer: "Maria ist der Prototyp"
Mehrere österreichische Bischöfe hatten am Wochenende anlässlich des 100 Jahr-Jubiläums der letzten Fatima-Erscheinung im Jahr 1917 Marienfeiern und spezielle Gottesdienste geleitet, darunter auch der Linzer Bischof Manfred Scheuer, der in Schardenberg (Bezirk Schärding) die Wallfahrt zum vor 70 Jahre errichteten Fatima-Heiligtum im Fronwald leitete. Er bezeichnete dabei die heilige Maria als "Prototyp des Glaubens in ungeteilter Hingabe und Verfügbarkeit". Die Hinwendung zur Gottesmutter sei "keine Frömmigkeitsübung für wenige Auserwählte", sondern ein "für die gesamte Kirche notwendiger Orientierungsrahmen".
Mehrere für ein "achtsames Leben in Gottes Gegenwart" wichtige Aspekte und Grundhaltungen ließen sich zudem auch bei den Seherkindern von Fatima ablesen, hob der Bischof in seiner Predigt hervor. Gott offenbare sich als "unverdientes Geschenk" und handle "nicht auf Bestellung oder auf Drängen", sagte Scheuer. Schließlich hätte es wohl "frömmere, verständigere oder kirchlich gebildetere Personen" als die drei Hirtenkinder gegeben.
Dass die Kinder angesichts der Erscheinungen nicht schreiend davongelaufen seien und sich auf die neue Situation eingelassen hätten, zeige auf, dass Gottes Anruf stets eine Antwort und Auseinandersetzung von Seiten des Menschen erfordere. "Desinteresse und Teilnahmslosigkeit ist dabei keine christliche Option", so der Bischof. Dass die Kinder die Botschaften Mariens weitergesagt und mit Gebet begleitet hätten, verdeutliche zudem, "dass Christsein immer mit Aufbruch und Handeln verbunden ist". Es spiele sich in der Öffentlichkeit ab und verlange daher auch "Courage".
Insgesamt sei Fatima ein "Appell an den Umgang miteinander im Kleinen wie im Großen" und eine "Absage an eine Haltung, die meint, den Menschen als das Maß aller Dinge zu betrachten und dem Recht des Stärkeren, der Logik des Machbaren den Vorrang einräumt", so die Deutung Scheuers. Letzteres habe zu Folge bloß Krieg und Gewalt, jedoch auch "Gehässigkeiten, Lieblosigkeiten, Rechthaberei, Kleingeistigkeit und Intoleranz gegenüber anderen Meinungen".
Strahlende Frau und "Sonnenwunder"
Bei der Marienerscheinung in Fatima, einem kleinen Dorf rund 130 Kilometer nördlich der portugiesischen Hauptstadt Lissabon, erschien die Madonna "strahlender als die Sonne" erstmals im Mai 1917 den Hirtenkindern Lucia dos Santos, 10 Jahre alt, und ihren Cousins Francisco Marto (9) und Jacinta Marto (7). Insgesamt zeigte sie sich sechs Mal – jeweils am 13. des Monats.
Bei der letzten dieser Erscheinungen beobachteten 70.000 Menschen am 13. Oktober 1917 ein "Sonnenwunder": Die Sonne drehte sich mit rasender Geschwindigkeit, schien auf die Erde zu stürzen und nahm dann ihre normale Lage wieder ein, berichteten die Beobachter. Das Sonnenwunder galt fortan als Bestätigung der Botschaften über die bevorstehende kommunistische Diktatur Russlands und den Zweiten Weltkrieg.
Wie Bischof Scheuer bei seiner Predigt betonte, lasse sich das "Sonnenwunder" nicht vollständig erschließen mit einer naturwissenschaftlichen Analyse. Seine richtige Einordnung sei nur möglich, wenn man die "immense Bedeutung" der dabei transportierten Friedensbotschaft mitbedenke.
Quelle: kathpress