Requiem für Frau Agnes Gallhofer am 9.6.2018
„Eine Frau, klein von Gestalt, aber eine große Persönlichkeit.“
Und weiter sagte der Erzbischof: „Jede Begegnung mit ihr war ein Erlebnis.“ Ein großes Wort. Von wem unter uns wird das einmal gesagt werden können?
P. Benno hat uns Punkte ihres Lebens berührend in Erinnerung gerufen. Im RSK und hier, in der Franziskanerkirche, galt Mutter Gallhofer schon zu Lebzeiten als Legende, nicht nur aufgrund ihres außergewöhnlich hohen Alters.
Die meisten von Ihnen haben sie länger gekannt als ich. Andere sind ihr vielleicht in kürzerer Bekanntschaft näher gewesen. Was aber alle, die ihr begegnet sind, von ihr sagen, ist, dass sie für jede und jeden in jeder Situation ein gutes und ermunterndes Wort parat hatte. Aus einer Begegnung mit ihr – so sagte es auch der Erzbischof – ist man immer gestärkt und zuversichtlich herausgegangen.
Meiner Beobachtung nach haben zwei Gründe diesen Eindruck mitbestimmt: zum einen war da dieses humorvolle, zuweilen verschmitzte Wesen von Mutter Gallhofer, das ihr noch im Sterbebett zu eigen war.
Das andere ist der Umstand, dass man ihre Zusprüche, ihre aufbauenden Worte und guten Wünsche nicht einfach nur gesagt bekommen hat. Vielmehr hatte man Gewissheit, dass sie die jeweiligen Freuden und Nöte ihrer Gesprächspartner immer in ihr Beten mitgenommen und dem Herrgott und Unserer Lieben Frau kindlich ans Herz gelegt hat.
Sie hat viel gebetet. Immer im Hintergrund, aber unablässig. Im fortwährenden Beten des Rosenkranzes war sie, um in einem Bild von Bischof Reinhold Stecher zu bleiben, wie ein verlässlich dahinbrummender Motor, der das sprichwörtliche Werkel am Laufen hält.
Wie intensiv haben wir diese adorable Schubkraft allein im vergangenen Jubiläumsjahr erleben können!?
Agnes Gallhofer und der RSK waren, nein, sie sind auf das Engste miteinander verbunden. Wir wissen um ihre langjährige und tatkräftige Mitarbeit im RSK-Büro und bei den vielen großen RSK-Veranstaltungen in Österreich und darüber hinaus.
Mit ihrer Lebenshaltung – und wir sprechen da von nahezu einem Jahrhundert – und in ihrer Zielfindung wurde sie jedoch in einmaliger Weise auch zum Inbegriff der Gebetsgemeinschaft, des Rosenkranzsühnekreuzzugs.
Rosenkranz – Sühne – Kreuzzug
Rosenkranz. In manchen Gegenden ist es üblich, den Verstorbenen bei ihrer Aufbahrung die Hände zu falten und einen Rosenkranz in sie zu legen.
Auch Agnes Gallhofer hatte im Totenbett den Rosenkranz in ihren Händen. Die Gebetsschnur des Gottvertrauens lag aber nicht erst post mortem in ihren Händen oder in der letzten Zeit des hohen Alters. Der Rosenkranz war immer in ihren Händen, so oft sie konnte, ein Leben lang.
Sühne. Wir haben von ihrem reichhaltigen Leben gehört, einem Leben, das nicht ohne Schläge war, insbesondere in der Zeit ihrer Jugend und als junge Frau und Mutter. In ihren späten Jahren musste sie mit starken körperlichen Einschränkungen zurechtkommen. Fast erblindet und schwer hörbehindert war sie ganz auf die Führung von anderen angewiesen. Doch man hat sie nie klagen gehört, im Gegenteil: in herzlicher Freude hat sie alles, was ihr zugemutet wurde, angenommen, und ihre Plagen und Nöte aufgeopfert, man könnte sagen: investiert für das Wohlergehen anderer.
Kreuzzug. Dieser Begriff hat historisch bedingt einen zugegebenermaßen unguten Beiklang. Der eigentliche Wortsinn ist allerdings klar und positiv: im Kern bezeichnet er das beharrliche Beibehalten eines Weges in der Nachfolge des Kreuzes, des Kreuzes Christi. Der Weg ist nicht frei von Hindernissen und Versuchungen. Fährnisse beiseite zu lassen oder zu überwinden und das Ziel, das gemeinsame Ziel, beharrlich zu verfolgen, ist jedoch ein Wesenszug des Pilgerns. In anwachsendem Maßstab gilt das auch für die große Wanderschaft, auf der jede und jeder von uns seit seiner Taufe lebenslang unterwegs ist.
Mutter Gallhofer hatte das Kreuz Christi immer vor Augen, manchmal auch auf dem eigenen Rücken. Ihr Leben lang ist sie dem Ziel, ihrem Ziel und unserem Ziel, entgegengezogen. Ein Jahrhundert lang. Unbeirrbar. Schritt für Schritt. Zuletzt ist sie sogar gelaufen.
Verehrte Damen und Herren, ganz im Sinn von Mutter Gallhofer darf ich Sie auf drei Rastplätze auf unserem Pilgerweg, unserem Rosenkranz-Sühne-Kreuzzug, aufmerksam machen: auf die Lourdes-Feier am kommenden Freitag hier in der Franziskanerkirche sowie auf die Wallfahrt nach Mariazell am 23. Juni. Informationen zu beiden Veranstaltungen finden Sie in Ihren Feierheften.
Die dritte und naheliegendste Labungsstation erwartet uns jetzt gleich im Anschluss bei einer Agape im Refektorium der Franziskaner. Bitte kommen Sie alle hinüber.
Wie sagte der Erzbischof? „Jede Begegnung mit ihr war ein Erlebnis.“
Wer weiß welche Begegnungen auf uns noch warten?
Thomas Dolezal