Schönborn: Mitgefühl macht Welt menschlicher
Das hat Kardinal Christoph Schönborn am Sonntagnachmittag bei der Maria Namen-Feier im Wiener Stephansdom betont. Schönborn sprach in seiner Predigt unter Bezugnahme auf Andre Hellers Ansprache im Gedenkjahr 2018 von Mitgefühl als "Weltmuttersprache", die jeder verstehe und die nicht erst erlernt werden müsse, da sie bereits im Gehirn vorprogrammiert sei. "Eine stille Kraft zur Veränderung der Welt" - so lautet auch das Motto der diesjährigen Feier, die von der Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft (RSK) bereits seit Jahrzehnten in Wien veranstaltet wird und in Verbindung mit dem kirchlichen Maria Namen-Fest an die Befreiung Wiens von der osmanischen Belagerung (12.9.1683) erinnert.
Was weltveränderndes Mitgefühl bedeutet, machte Schönborn anhand des biblischen Gleichnisses vom verlorenen Schaf deutlich. Es erzählt vom Hirten, der hundert Schafe hat und eines davon verliert. Er lässt die 99 anderen Schafe zurück und macht sich auf die Suche nach dem einen verlorenen. "Nach menschlicher Logik könnte man sagen, 99 Schafe bleiben noch übrig, was macht es, wenn eines verloren geht?", so der Kardinal. Die Botschaft des Glaubens heiße dabei hingegen: "Für Gott ist keiner egal, keiner wird einfach abgeschrieben, sondern gerade die, die sich verirrt haben, die den Weg verloren haben, die in Gefahr sind, gerade die sind es, deren Gott sich besonders erbarmt." Das Gleichnis gelte auch, wenn es um die Kirchenaustritts-Zahlen gehe. Ähnlich wie sich der Hirte aufmacht, um das eine Schaf zu finden, müsse auch die Kirche jedem nachgehen, der sie verlässt, so der Kardinal.
Auf die Frage, ob das Mitgefühl auch Menschen, die Böses tun, gelte, verwies der Kardinal auf die die Schriftlesung des Tages, wo im Buch Exodus vom Götzendienst der Israeliten in der Wüste erzählt wird. Auch ihnen hätte sich Gott erbarmt, so der Wiener Erzbischof. Insofern sei Mitgefühl als stille Kraft, die die Welt verändere, zuerst einmal Barmherzigkeit mit jenen, die in die Irre gehen, mit Sündern, "weil wir selber Sünder sind und weil Gott mit uns barmherzig ist", so Schönborn.
Von daher sei aus christlicher Sicht auch die Todesstrafe entschieden abzulehnen, da sie der Würde des Menschen widerspreche. "Die Todesstrafe, das geht nicht, weil jeder Mensch das Bild Gottes in sich trägt und daher unverlierbare Würde hat", so der Kardinal. Aus diesem Grund habe auch Papst Franziskus in diesem Punkt den Katechismus geändert und eine uneingeschränkte Ablehnung der Todesstrafe festgelegt, wie dies bereits schon Papst Johannes Paul II. gewollt hatte.
Botschaft und Segen des Papstes
Am Beginn der Feier begrüßte der geistliche Leiter der Gebetsgemeinschaft, Pater Benno Mikocki, unter den zahlreichen Mitfeiernden neben den Kardinal auch den emeritieren Eisenstädter Bischof Paul Iby, Dompfarrer Toni Faber und die Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler.
In einer offiziellen Botschaft an die Gläubigen bekundete Papst Franziskus seine innere Teilnahme am Gebet für den Frieden. Der Rosenkranz sei ein besonders wirksames Mittel, da er dabei helfe, die heilbringenden Geheimnisse des Lebens Christi zu verinnerlichen. Nach dem Vorbild Marias könnten so auch die Gläubigen in der Stille des Gebets die verborgene Kraft entdecken, betonte Papst Franziskus in der von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gezeichneten Botschaft, die mit dem apostolischen Segen für die Mitfeiernden schloss.
Sühne und Erlösung durch das Kreuz
"Das Kreuz ist eine unfassliche Vorleistung Gottes": Mit diesen Worten hat der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke Österreich, P. Karl Wallner, in einem persönlichen Zeugnis auf das bedingungslose Angebot Gottes zur Erlösung hingewiesen. Anders als in anderen Religionen müssten Christen nicht zuerst eine Vorleistung erbringen, um erlöst zu werden. "Nicht wir müssen uns erlösen, sondern wir sind schon von Gott erlöst. Die einzige Gegenleistung, die Gott erwartet, ist, dass wir das annehmen und aus der Gesinnung Christi leben", erläuterte der Ordensmann im Rahmen der Feierlichkeit.
Der Sühne-Logik des Alten Testaments folgend bezeichne das Neue Testament Jesus als Sühneopfer für die "Sünden der Welt". Wie im Alten Testament das Opfertier, nehme im Neuen Testament Jesus die Sünden auf sich, tilge diese mit seinem Tod und erneuere so den Bund mit Gott. Anders allerdings als im Alten Testament gehe es dabei aber nicht mehr nur um private Sünden, sondern um die "Sünde der Welt".
Diese "Leidenssühne" Christi sei Ausdrucksgestalt einer universalen Liebe, die es nachzuahmen gelte. Jesus habe für das Heil aller gelebt, gelitten und sei schlussendlich für alle gestorben. Der Ordensmann ermutigte dazu, diesen innersten Sinn der Existenz Christi zu übernehmen. Schlüsselelement sei dabei eine Gesinnung der Liebe, die sich im "für" andere ausdrücke.
Quelle: www.kathpress.at
Prozession mit der Fatima-Statue zum Inneren Burghof